Main image for post Quick Quitting: (Wirklich) gute Neuigkeiten für den Arbeitsmarkt?

Great Resignation: Kündigung aufgrund schlechter Arbeitsbedingungen

Womit alles begann: Nach der Pandemie stiegen die freiwilligen Kündigungen in den USA rasant. Bereits im Jahr 2021 erreichte die Kündigungsrate in den USA ein Allzeithoch. Millionen Menschen wechselten selbstbestimmt den Job.

Great Reshuffle: Kündigung aufgrund neuer postpandemischer Freiheiten

Zunehmend entwickelte sich die Great Resignation zum Great Reshuffle. Mit den wegfallenden Beschränkungen auf physischer Ebene hat sich der Trend, das eigene Beschäftigtenverhältnis infrage zu stellen, nach der Pandemie verstärkt. Angestellte auf allen Hierarchieebenen suchen bessere Bezahlung, Flexibilität und Work-Life-Balance. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Die Nachfrage am Arbeitsmarkt ist so rasant gewachsen, dass den Menschen die Wahl blieb. Und im Zweifel entscheiden sich die Menschen für den höherwertigen Job, für den Wechsel. Diese Entwicklung ist keinesfalls auf die USA beschränkt. Von Großbritannien bis Australien haben wir ähnliche Tendenzen beobachtet.

Quiet Quitting: Neue Interpretation von Sinnhaftigkeit, Wertewandel und wachsender Stellenwert von Work-Life-Balance in der Gen Z

Seit einigen Monaten ist von einem weiteren Trend „Quiet Quitting“ die Rede, welcher sich rasant über Social Media verbreitet hat. Vor allem in dem Netzwerk TikTok trendet der Begriff, wobei die Botschaft „Arbeit ist nicht dein Leben“ im Mittelpunkt steht. Diese Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt betrifft vor allem die Gen Z, geht jedoch auch darüber hinaus. Der hohe Wohlstand der Eltern, Freiheit, die ganze Welt bereisen zu können, studieren und arbeiten zu können, eine hohe gesellschaftliche Orientierung, soziales Bewusstsein und ein stärkeres Bewusstsein für die eigenen Bedürfnisse führen zu einem neuen Stellenwert von Arbeit im Leben der Gen Z.

Quiet Quitting bedeutet hierbei nicht den Job zu kündigen oder innerlich zu kündigen. Unsere Studienergebnisse zeigen, dass neben Gehalt, Flexibilität in Arbeitszeit und -ort, sowie die Work-Life-Balance für die Kandidaten zentral sind (Silent Resignation, 2022). Angestellte sind dazu bereit, ihre Arbeit im Rahmen ihrer Anforderungen gut zu machen, doch sie sind nicht bereit, sich weiter abzustrampeln oder sich der „work-hard-play-hard“-Kultur weiter hinzugeben. Das können wir sowohl in dem Ranking von Flexibilität sehen, als auch in der Tatsache, dass spannende und sinnhafte Tätigkeiten unter den Top 5 Attraktivitätsfaktoren sind. Diese Ergebnisse sprechen dagegen, dass eine Welle der Resignation auf uns zurollt. Es handelt sich eher um eine Veränderung von Prioritäten.

Quick Quitting als Resultat der bestehenden Debatte: Weniger Zurückhaltung vor dem Jobwechsel aufgrund des Machtshifts zugunsten der Arbeitnehmenden

Das neuste Buzzword lautet nicht Quiet Quitting, sondern Quick Quitting – und das ergibt Sinn. Unter Quick Quitting versteht man den Trend, dass der Anteil der Personen, die ihren Job noch vor Ende des ersten Jahres ihrer Beschäftigung wechseln („Short Tenure Rate“), in den letzten zwei Jahren gestiegen ist. Wir begreifen Quick Quitting als Resultat der andauernden Debatte über Arbeitsbedingungen und Machtshift. Das Bewusstsein über die Machtverschiebung am Arbeitsmarkt zu Gunsten der Arbeitnehmenden ist in den Köpfen angekommen. Vor allem bei jenen, die eine besonders große Auswahl an Angeboten haben. Sie zeigen weniger Zurückhaltung beim Wechsel zu einer besseren Joboption.

Eine aktuelle StepStone Umfrage zeigte, dass eine von zwei Personen zwischen 20 und 30 Jahren aktiv auf der Suche nach einem neuen Job ist (Silent Resignation, 2022). Fast jede zweite Person zwischen 20 und 30 denkt mindestens einige Male pro Woche über einen Jobwechsel nach. Getreu dem Motto des Hashtags #timeisprecious wollen Arbeitnehmende ihre Zeit nicht bei einem Arbeitgeber verschwenden, der nicht zu ihren Vorstellungen passt. Das Leben ist eben zu kurz für einen schlechten Job. Besonders Menschen, denen viele Angebote offenstehen, tendieren eher zu wechseln – hin zum besseren Fit, zu mehr Flexibilität und oft zum höheren Gehalt. Damit unterscheidet sich Quick Quitting grundlegend vom Begriff des Quiet Quitting.

Diese Entwicklung ist eine gute Neuigkeit für Unternehmen: Ein Gutachten des Institut der deutschen Wirtschaft zeigte, dass Menschen, die ihren Job im vergangenen Jahr gewechselt haben, zufriedener damit waren, wie sie ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einsetzen konnten. In an deren Worten bedeuten mehr Wechsel für Unternehmen bessere Kompetenzmatchings.

Ausblick: Die Zukunft der Arbeit ist flexibel

Was sagen uns diese Entwicklungen? Das Bewusstsein von Arbeitnehmer*innen hat sich in zweierlei Hinsicht verändert: Erstens findet ein Wertewandel in den jüngeren Generationen statt, weg von der Hustle Culture hin zu einer wirklichen Balance zwischen Life and Work. Dieser Trend ist eigentlich nicht neu, da wir einen allmählichen Wandel zu mehr Flexibilität bereits seit einigen Jahren sehen, dieser gerade jedoch einen neuen Boost erfährt. Zweitens kommt das Bewusstsein für ihre vorteilhafte Ausgangslage auf dem Arbeitsmarkt in den Köpfen der Arbeitnehmenden an. Das führt dazu, dass diese immer weniger dazu bereit sind, schlechte Arbeitsbedingungen hinzunehmen. Dieser Trend ist ein zusätzlicher Treiber für das Upgrade auf Arbeit, das wir in Zeiten der Arbeiterlosigkeit so sehr brauchen, um produktiver zu werden. Die Kaufkraft der Arbeitsplatzwechsler steigt im Vergleich zu denjenigen, die den Arbeitsplatz nicht wechseln, ebenso wie die Produktivität ihrer neuen Arbeitgeber.

Getreu dem Trend von Quick Quitting fußt die Zukunft der Arbeit nicht nur auf Flexibilität in Bezug auf Arbeitszeit und -ort, sondern auch in horizontaler Durchlässigkeit durch Berufe und Organisationen. So zeigen Ergebnisse unserer neuesten Umfrage (Future. Work. Today, 2022), dass für das Erreichen der individuellen Karriereziele einfache Jobwechsel, Quereinstiege, effizientes und verfügbares Re- und Upskilling immer wichtiger werden und damit auch das Verständnis von Jobsicherheit verändern.

Dass sich Menschen für den hochwertigeren Job, das bessere Match und damit den Wechsel entscheiden, sind gute Neuigkeiten. Es profitieren Arbeitgeber wie Arbeitnehmer*innen: der erste in Form einer motivierten Arbeitskraft, der zweite in Form einer attraktiveren Stelle mit höherem Gehalt. Um motivierte Arbeitskräfte für sich zu gewinnen, ist es für Arbeitgeber an der Zeit, Arbeit und Jobs endlich besser zu denken und besser zu machen.