Main image for post Lohnlücke: Wie Gehaltstransparenz den Gender Pay Gap verringert

Wichtige Erkenntnisse

  • Frauen in Deutschland und Großbritannien geben an, ihren eigenen Marktwert weniger gut einschätzen zu können als Männer und profitieren daher stärker von Gehaltsinformationen in Stellenanzeigen.
  • In Sachen Gehaltsverhandlung sind Frauen inzwischen genauso häufig erfolgreich wie Männer, obwohl sie seltener die Möglichkeit dazu haben.
  • Unternehmen können durch mehr Gehaltstransparenz nicht nur viele Vorteile für das Recruiting erlangen, sondern gleichzeitig dem Gender Pay Gap entgegenwirken.

Gehaltsinformationen bewirken mehr Geschlechtergerechtigkeit

Im weltweiten Durchschnitt verdienen Frauen 23 % weniger als Männer. In Deutschland beläuft sich der Unterschied auf 18 %, während es in Großbritannien etwa 14 % sind. Seit Jahrzehnten lässt sich zwar eine Reduktion des Gender Pay Gaps beobachten, diese verläuft jedoch sehr langsam. Nach Berechnungen des World Economic Forums würde es mit dem derzeitigen Tempo noch knapp 260 Jahre dauern, bis die Unterschiede aufgelöst wären. Wie lässt sich dieser Prozess beschleunigen? Gesetzliche Maßnahmen wie das Entgelttransparenzgesetz von 2017 in Deutschland oder der Equality Act von 2010 in Großbritannien sind bereits Fortschritte. Auch die Förderung der Vielfalt und des Frauenanteils in höheren Positionen oder Unterstützungsleistungen wie Kindertagesbetreuung, tragen zu mehr Fairness und Wahlmöglichkeiten für Frauen bei. Neben diesen Aspekten ist insbesondere Gehaltstransparenz ein maßgeblicher Faktor, um den Gender Pay Gap zu reduzieren – ein Fokus unserer neuesten Studie.

Wo können bei dem Thema Gehalt und Gehaltstransparenz Unterschiede zwischen den Geschlechtern ausgemacht werden? Zunächst sehen wir, dass in Deutschland 10 % weniger Frauen mit ihrem derzeitigen Gehalt zufrieden sind als Männer, während es in Großbritannien etwas mehr als 6 % sind. Warum ist das so? Die Grundlage dafür, ein zufriedenstellendes Gehalt zu verhandeln, ist den eigenen Marktwert realistisch und in Bezug auf die eigene Position und die Qualifikationen einschätzen zu können. 67 % der deutschen Frauen geben an, ihren Marktwert gut einschätzen zu können; damit liegen sie um ca. 10 % hinter den Männern. In Großbritannien ergibt sich ein ähnliches Bild: Ca. 65 % der Frauen im Vergleich zu knapp 75 % der Männer geben dies an. Die wichtigste Quelle für die meisten Befragten ist die eigene Berufserfahrung. Für deutsche und britische Frauen spielen Gehaltsangaben in Stellenanzeigen die zweitwichtigste Rolle. Während der Unterschied zu den Männern in Großbritannien 5 % beträgt, liegt er für Deutschland bei knapp 9 %, was die Wichtigkeit dieser Informationsquelle für die Stärkung der eigenen Verhandlungsposition unterstreicht. Nicht überraschend ist daher, dass 9 von 10 Frauen (90 % in Deutschland und 87 % in Großbritannien) beider Länder Gehaltstransparenz im Allgemeinen befürworten.

Gerade, wenn mehr als jede vierte Frau aus Großbritannien, die mit ihrem Gehalt unzufrieden ist, als Grund angibt, davon nicht gut leben zu können, ist das besorgniserregend, besonders im Hinblick auf Kinder. Wie sich u. a. der Zusammenhang zwischen dem Gender Pay Gap und Elternschaft in Großbritannien gestaltet, thematisiert die Tochtergesellschaft von The Stepstone Group, Totaljobs.

Frauen sind gleich häufig erfolgreich in Gehaltsverhandlungen wie Männer

Oft wird Frauen nachgesagt, weniger erfolgreich bei der Verhandlung ihres Gehalts oder einer Gehaltserhöhung zu sein als Männer. Dass das nicht immer stimmt, zeigen unsere Ergebnisse für Deutschland. Während ca. 8 % weniger Frauen generell die Möglichkeit haben, eine Gehaltserhöhung mit ihrem Arbeitgeber zu verhandeln, sind sie ebenso erfolgreich darin wie Männer. Rund ein Viertel der Befragten (25 % der Frauen und 26 % der Männer) geben an, in 2023 nach einer Gehaltserhöhung gefragt und diese erhalten zu haben. Noch in 2022 konnten wir einen größeren Unterschied zwischen den Geschlechtern von mehr als 4 % feststellen. Das könnte für die positive, den Gender Pay Gap verringernde Wirkung von Gehaltsinformationen in Stellenanzeigen sprechen. Dennoch ist dieses positive Ergebnis gekoppelt an weitere Herausforderungen. Eine Geschlechterdifferenz von 12 % zeigt, dass Frauen deutlich unzufriedener mit ihren Gehaltserhöhungen sind, was auf das allgemein niedrigere Gehaltsniveau zurückgeführt werden könnte. Auch fühlen sie sich deutlich unwohler als Männer, Gehälter zu verhandeln. Die Differenz zwischen den Geschlechtern beträgt bei denjenigen, die sich unwohl fühlen, 20 % für Deutschland und 21 % für Großbritannien. Gerade weil ein größeres Unbehagen vor Gehaltsverhandlungen besteht, kommt der Vorbereitung mit den richtigen (Gehalts-)Informationen eine Schlüsselrolle zu, um das Bewusstsein und die Verhandlungsposition zu stärken.

Fazit und Empfehlungen

Unsere Daten zeigen, dass es noch ein weiter Weg ist, den Gender Pay Gap zu schließen und mehr Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen. Und doch: Gesteigerte Gehaltstransparenz und inzwischen mehr erfolgreich verhandelnde Frauen zeichnen ein positives Zukunftsbild, was besonders in Krisenzeiten wichtig ist. Auch sehen wir, dass nicht immer komplexe Mittel zum Ziel führen müssen. Gehaltsinformationen in Stellenanzeigen sorgen für mehr Orientierung, Fairness und bieten Vorteile für Arbeitgeber und Arbeitnehmende. Zum Beispiel erhöhen sie die Attraktivität der Arbeitgeber und die Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten. Damit ist nicht nur mehr Frauen eine Chance geboten, sondern auch gleichzeitig ein Mittel gefunden, um dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.

Über die Studie

The Stepstone Group hat im November 2023 zu den Themen Gehalt und Gehaltstransparenz rund 5.700 Beschäftigte, darunter ca. 1.200 Führungskräfte und ca. 750 Recruiter*innen, in Deutschland befragt. Eine zusätzliche Befragung von rund 2.000 Beschäftigten fand im Dezember 2023 in Großbritannien statt. Die Befragungen sind repräsentativ nach Alter, Geschlecht und Bildung.