Main image for post Multigenerational Workforce – Und warum wir aufhören sollten, Generationen zu labeln

Wichtige Erkenntnisse

  • Der Trendbegriff „Multigenerational Workforce“ beschreibt eine zunehmende Altersdiversität innerhalb der Belegschaft, die mit dem Altern der Erwerbsbevölkerung einhergeht.
  • In diesem Zuge werden den Generationen (meist negative) Stereotype zugeschrieben, die sich nachteilig auf die Zusammenarbeit von altersdiversen Teams auswirken können.
  • Menschen verschiedener Generationen unterscheiden sich in ihren Einstellungen, jedoch wird der Einfluss der Lebensphase und individueller Erfahrungen häufig unterschätzt.
  • Statt Generationenstereotype zu thematisieren, sollte der Fokus auf gemeinsamen Zielen und individuellen Stärken und Expertisen liegen.

Die Multigenerational Workforce – eine alternde Erwerbsbevölkerung

Erstmal vorweg: Für die Einteilung der Generationen X, Millennials, Z und Alpha gibt es keine empirische Grundlage. Wissenschaftler*innen und Demograf*innen haben bereits im vergangenen Jahr dazu aufgerufen, die Stereotypisierung durch solche Generationenlabels zu beenden. Diese Labels können genauso wenig über eine Person aussagen wie ihr Sternzeichen.

Der Begriff „Multigenerational Workforce“ trifft aber einen relevanten Punkt: Die steigende Lebenserwartung führt dazu, dass Menschen länger arbeiten und sich die Zusammensetzung der Belegschaft entsprechend verändern wird. Laut dem Statistischen Bundesamt ist die Erwerbsbeteiligung der 65- bis 69-Jährigen in den letzten 10 Jahren von 11 % auf 19 % gestiegen. In den USA ist jede vierte Person über 65 noch erwerbstätig. Für das Jahr 2032 prognostiziert das U.S. Bureau of Labor Statistics sogar eine Erwerbsbeteiligung von 10 % bei den über 75-Jährigen.

Einstellungen und Persönlichkeit verändern sich im Laufe des Lebens

Wie stark unterscheiden sich die Generationen tatsächlich? Stepstone hat Personen aller Altersgruppen nach den für sie entscheidenden Faktoren bei der Wahl eines neuen Jobs gefragt, abgesehen von Gehalt und Jobsicherheit (Stepstone, Silent Resignation, 2022). Gute Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten sind für 60 % der unter 30-Jährigen ausschlaggebend, gefolgt von flexiblen Arbeitszeiten. Im Alter von 30 bis 50 stehen Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit (62 %), flexible Arbeitszeiten (59 %) und flexibles Arbeiten (z. B. Homeoffice 57 %) an erster Stelle. Unter den über 50-Jährigen verschiebt sich der Fokus: Die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit (59 %), flexible Arbeitszeiten (53 %) und der Führungsstil des Vorgesetzten (51 %) sind die am häufigsten genannten Faktoren in dieser Altersgruppe. Ob diese Ergebnisse die Generationentheorie stützen?

Empirische Evidenz für generationale Unterschiede ist, wenn überhaupt, gemischt: Zahlreiche Studien konnten keinen signifikanten Unterschied in Werten und Einstellungen zwischen Generationen finden. Und wenn, dann wurde oft nicht präzise zwischen „Alter“ im Sinne der Lebensentwicklung und dem Begriff der „Generation“ differenziert.

Die Einstellung einer Person, die in ihren Zwanzigern noch den größten Wert auf gute Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten legt, wird sich im Laufe des Lebens mit hoher Wahrscheinlichkeit verändern. Die Bedeutung des Berufs für die eigene Identität nimmt im Laufe der Zeit typischerweise zu. Und mit zunehmender Berufserfahrung verbessert sich in der Regel die Passung zwischen Anforderungen des Jobs und den individuellen Fähigkeiten einer Person (vgl. The Stepstone Group, The Engagement Advantage, 2023).

Diese Entwicklung unterstreicht den Wert älterer Arbeitnehmenden, sollte jedoch gleichzeitig nicht den Wert von Berufseinsteigenden schmälern. Entgegen allen Vorurteilen zeigt der Wunsch nach guten Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten unter Berufseinsteigenden, dass es ihnen keinesfalls an Motivation mangelt. In diesem Sinne sollten wir aufhören, Menschen ausschließlich als Mitglieder einer bestimmten Generation zu betrachten und stattdessen die übergeordnete Rolle individueller Unterschiede anerkennen.

Die Vorteile von Altersdiversität nutzen

Altersdiversität umfasst also mehr als lediglich Unterschiede im Geburtsjahr. Laut Prof. Dr. Thomas Ellwart, einem Professor für Wirtschaftspsychologie an der Universität Trier, lässt sich die Diversität eines Teams genauer anhand von Merkmalen feststellen, die zwar mit dem Alter zusammenhängen, aber erst durch Kommunikation sichtbar werden: z. B. individuelle Motive, Wissen und Erfahrungen.

Die richtige Kommunikation und das Hinarbeiten auf ein gemeinsames Ziel sind wesentliche Schlüsselfaktoren, um die Potenziale von Diversität freizusetzen. In Teams, in denen beispielsweise Alters- oder Geschlechtsunterschiede häufig thematisiert werden, besteht die Gefahr der Bildung von Subgruppen. Identifizieren sich Teammitglieder stärker mit einer Subgruppe als dem gesamten Team, kann das die Kommunikation erschweren. Indem man den Fokus auf das gemeinsame Ziel legt, kann die Teamidentifikation gestärkt werden.

Es ist außerdem förderlich, wenn es altersdiversen Teams gelingt, Vielfalt in Expertise und Erfahrungen zu erkennen und aktiv zu nutzen. Austausch fördert interpersonelle Beziehungen. Zum Beispiel können Aufgaben so gestaltet werden, dass der Wissensaustausch zwischen Teammitgliedern für ihre Bewältigung notwendig ist.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Der Trendbegriff „Multigenerational Workforce“ weist auf eine wichtige Entwicklung hin: Aufgrund des demografischen Wandels wird die Altersdiversität in Unternehmen zwangsläufig zunehmen, und Menschen in verschiedenen Lebensphasen werden häufiger miteinander zusammenarbeiten. Angesichts der zunehmenden Komplexität und der sich rapide transformierenden Arbeitswelt, in der kleinere Teams mehr leisten müssen, ist es entscheidend, dass Unternehmen diverse Teams erfolgreich führen.

Die starre Kategorisierung der Generationen ignoriert jedoch die Vielfalt individueller Erfahrungen und Bedürfnisse. Ein Ansatz, der individuelle Erfahrungen und die lebenslange Entwicklung berücksichtigt, übertrifft eine kategorische Unterscheidung zwischen Generationen bei weitem. Führungskräfte sollten daher gemeinsame Ziele formulieren und die Wahrnehmung sowie Nutzung der vielfältigen Expertise und Erfahrungen durch verstärkte Zusammenarbeit erhöhen. Wenn dies gelingt, kann eine erfolgreich gemanagte Multigenerational Workforce ein Schlüssel zur Bewältigung der Arbeiterlosigkeit sein.

Literaturempfehlung: Ellwart, T., Beinicke, A., Bipp, T. (2019). Altersdiversität in Teams – (K)ein Erfolgsfaktor?. In: Beinicke, A., Bipp, T. (eds) Strategische Personalentwicklung. Meet the Expert: Wissen aus erster Hand. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-55689-4_2